Ki-Ri-Ke --- Die Vogelgöttin Alt-Europas und ihr kreisförmiger Kalender / © 2004 Franz Gnaedinger, fgn(a)bluemail.ch, fg(a)seshat.ch, www.seshat.ch

 

 

 

Aufruf an das EU-Ministerium für Wissenschaft:

 

Die EU möchte bis im Jahr 2010 zur wettbewerbsfähigsten Wissensmacht der Welt aufsteigen. Ein solch ehrgeiziges Ziel erfordert Offenheit gegenüber neuen Ideen. Daran fehlt es leider in der Schweiz, weshalb jährlich 700 junge Wissenschafter (Zürcher TagesAnzeiger) beziehungsweise. 400 bis 500 brillante junge Wissenschafter (SonntagsZeitung) unser Land verlassen. In Europa steht es auch nicht besser. In den vergangenen zehn Jahren seien 400'000 EU-Forscher nach Übersee ausgewandert; allein im Jahr 2000 sollen es 85'000 EU-Forscher gewesen sein.

 

Was will die EU vorkehren?

 

Die Veranstalter der Zirkumferenz machen, was alle einschlägigen Institutionen fordern: sie vernetzen sich über die Landesgrenzen und Fachgrenzen hinweg und verbinden obendrein Ernst mit Spass. Verdient das keine Förderung?

 

Hier mein Fernreferat für die Zirkumferenz II, als Vorpublikation für die wissenschaftlichen Behörden der EU.

 

Sollten die einen oder anderen künftigen Besucher und Besucherinnen der Zirkumferenz II das Referat im Web zu sehen und lesen bekommen, macht es nichts. Die im Folgenden besprochenen Themen sind so vielfältig, dass man sich auch zweimal mit ihnen befassen kann. Vielleicht fällt dem einen Leser, der anderen Leserin etwas ein, was er oder sie im Anschluss an das Referat in die Diskussion einbringen möchte? Ein Ereignis wie die Zirkumferenz besteht ja nicht nur aus den paar Tagen, in denen es stattfindet, sondern auch in der Vorbereitung und Vorfreude, in der Erinnerung daran, und in den Impulsen, die es auslöst.

 

 

 

Ki-Ri-Ke

 

Die Vogelgöttin Alt-Europas und ihr kreisförmiger Kalender

 

     (an der Zirkumferenz II vorzulesen; Bilder bitte mit Explorer öffnen:)

 

Probeversion, April 2004

 

 

 

Liebes Publikum,

 

Sie alle kennen Homer, oder haben zumindest von seinem Helden Odysseus vernommen. Nach dem Trojanischen Krieg irren Odysseus und seine Mäner zehn Jahre lang umher. Sie verlassen Telepylos im Lande der Laistrygonen und gelangen zur Insel Aiaia. Hier wohnt eine Göttin vom altgriechischen Namen Kirkae, lateinisch Circe, deutsch Kirke.

 

Wer ist Kirke?

 

Sie sei eine Tochter der Sonne, wohne in einem Palast, webe, und singe dabei in einer schönen Stimme. Auf ihrer Insel leben zahme Löwen und Wölfe. Kirke ist eine Zauberin. Sie verwandelt die Männer des Odysseus in Schweine. Dank der Hilfe von Hermes kann Odysseus die Zauberin überlisten, worauf seine Gefährten ihre männliche Gestalt zurückgewinnen. Hierauf bleiben Odysseus und seine Männer ein Jahr auf der Insel. Danach ziehen sie weiter. Kirke weist ihnen den Weg in die Hallen des Hades hinab, in die Unterwelt, wo Pluto und seine Gemahlin Persephone regieren.

 

Ist Kirke ein Fabelwesen, gesponnen aus dem berüchtigten Seemannsgarn? Oder ist sie ein Hinweis auf eine reale Figur? Der Autor des Referates glaubt, in Homer’s Kirke eine Reminiszenz an eine ferne Vergangenheit zu erkennen, nämlich an die Vogelgöttin der frühen Ackerbauern auf dem Balkan. Das würde zumindest die Verwandlung der Männer in Schweine erklären. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet von einer ägyptischen Gepflogenheit, wonach die Bauern ihr Saatgut auf die Felder streuten und nachher Schweine ausführten, welche die Körner in den Boden trampelten. Dieselbe Methode mochte in Alt-Europa Verwendung gefunden haben. Wenn Kirke die Männer des Odysseus in Schweine verwandelt, macht sie aus Kriegern Bauern, die ihr beim Säen helfen … Kirke weiss den Weg in die Unterwelt hinab: zu den Hallen des Hades, wo die Göttin Persephone herrscht. Persephone war die Tochter von Demeter, Göttin des Getreides. Als Odysseus und seine Männer an der Insel Aiaia stranden, begegnet ihnen ein grosser Hirsch. Der Hirsch war ein altes Symbol der Regeneration. Die zahmen Löwen und Wölfe erinnern an die Löwen, Greife und Hunde, welche die minoische Göttin auf Kreta begleiten. Kirke ist eine Tochter der Sonne, also ein Himmelsgeschöpf, was man auch von den Vögeln sagen kann.

 

Die alteuropäische Vogelgöttin erscheint in vielen Formen. Zum Beispiel als Schleiereule, lateinisch Titus alba. Englisch barn owl, Stalleule, weil sie gern in den Dächern luftiger Scheunen nistet. Die Schleiereule war für die frühen Bauern von zweifachem Nutzen. Die Bauernsippen wohnten in zweistöckigen Häusern, die mit Schilf gedeckt waren und gleichzeitig als Vorratslager dienten. Wo Getreide lagert, finden sich Mäuse. Die Schleiereulen fangen Mäuse in grosser Zahl und können auch bei Nacht jagen. Sie sehen unglaublich gut und kommen dabei mit einem Hundertstel der Lichtmenge aus, die wir Menschen zum Sehen benötigen. Die Schleiereulen waren also nützlich als Mäusefänger, überdies warnten sie vor Feuern in diesen leicht brennbaren Häusern. Als Brandmelder waren sie noch im europäischen Mittelalter geschätzt. Odysseus und seine Gefährten bleiben ein Jahr auf der Insel, also einen ganzen Vegetations-Zyklus. Als sie von Kirke Abschied nehmen und an den Strand ziehen, überholt sie die Zauberin, eilt ihnen voran, ungesehen, ungehört, ganz in der Art einer Schleiereule. Eine andere Erscheinungsform der Vogelgöttin war die Singdrossel Turdus philomelos, beliebt wegen ihres melodischen Gesanges. Dies passt zur Sängerin Kirke mit ihrer schönen Stimme …

 

 

    Kirike 18

 

Als erste Abbildung sehen Sie eine flache Schale aus Gradesnica im westlichen Bulgarien, die das Nest einer Singdrossel darstellen mag.

 

Homers Kirke wohnt in einem Palast. Es sind mehrere Tonmodelle von alteuropäischen Tempeln erhalten geblieben. Ein solches Modell zeigt einen mehrstöckigen Palast, gekrönt von vier Tempelschreinen. Kirke webt. Auch die Priesterinnen der Vogelgöttin webten in den Schreinen. Das belegen Spinnwirtel, die in Tempelbezirken zum Vorschein kamen. Im Weiteren gehörten diesen Tempeln oder Schreinen Backöfen an, die wiederum auf die Vegetationsgöttin verweisen.

 

Nehmen wir einmal an, dass Kirke eine Erinnerung an die Vogelgöttin Alt-Europas darstelle. Können wir dann vielleicht von ihrem Namen auf denjenigen der Vogelgöttin schliessen?

 

     Kirkae   Ki-Ri-Ke   ???

 

Wie hätte dieser Name geschrieben werden können? Vielleicht mit einem Kreuz für die Silbe Ki, mit Linien für die Silbe Ri, und mit Winkeln für die Silbe Ke.

 

 

     Kirike 1

 

Auf diesem Bild sehen Sie eine Tonscheibe aus Predionica bei Pristina im Kosovo, und einen Gefässdeckel in Form einer Schleiereule aus Parta im westlichen Rumänien, beide mehr als 7’000 Jahre alt. Die Inschriften bestehen aus den Elementen Kreuz, Linien und Winkel, die zusammen als Name der Vogelgöttin Ki-Ri-Ke gelesen werden mögen.

 

 

     Kirike 2

 

Hier sehen Sie die Inschriften auf der Scheibe von Predionica mit dem Kreuz oben links, den Linien oben Mitte, und den Winkeln oben rechts. Das Kreuz unterteilt die Scheibe in vier Quadranten, welche die Jahreszeiten darstellen mögen: Winter unten rechts, Frühling unten links, Sommer oben links, Herbst oben rechts. Die Winkel im linken unteren Quadranten und rechten oberen Quadranten mögen die Vogelzüge andeuten, welche im Frühling aus Afrika heimkehren, im Herbst nach Afrika ausfliegen. Die Heimkehr der Vögel im Frühling war für die damaligen Jäger besonders wichtig, denn Wasservögel dienten als Hauptnahrung nach den strengen Wintern. So nahm denn die Vogelgöttin auch die Gestalt einer Ente an. Sie verkörperte gleichsam das Versprechen auf zahlreiche Enten und eine erfolgreiche Jagd auf die Wasservögel. Wie in Ägypten verehrte man auch in Alt-Europa dieselben Tiere, von denen man sich ernährte.

 

 

     Kirike 06

 

Hier sehen Sie die Büste einer Vogelgöttin mit den Inschriften Kreuz, Linien, Winkel. Das Kreuz erscheint wieder in der Mitte und steht für die Silbe Ki. Der Steinkauz stösst einen Warnruf aus, der wie Kji Kji Kji … tönt und zum phonetischen Wert Ki des Kreuzes passen würde. Homer nennt Athene, seine wichtigste Göttin, welche Odysseus in allen Lebenslagen beisteht, glaukopis Athaenae --- die eulenäugige Athene hob sich in die Lüfte wie ein Vogel. Auch Athene war eine Nachfahrin der Vogelgöttin Alteuropas. Der Vogel war ihr Emblem. Sie konnte die Gestalt eines Seeadlers oder einer Eule annehmen, und sie lebt fort im lateinischen Namen des Steinkauzes: Athene noctua, nächtliche Athene …

 

 

     Kirike 03

 

Auf dieser Abbildung sehen Sie Funde aus der Opfergrube von Tartaria im westlichen Rumänien, über 7’000 Jahre alt. Mehrere Figuren zeigen die Göttin als Schleiereule. Auf dem obersten Tonscheibchen sehen Sie zwei Tiere, möglicherweise Ziegen, zwischen ihnen einen Zweig. Dieser soll den Lebensbaum darstellen, während die linke Ziege ein Opfertier sei, das zum Ende des alten Jahres geopfert wird; so wäre denn das rechte Tier ein Symbol für das neue Jahr. Das mittlere Tontäfelchen könnte die Opferung darstellen: rechts ein Altar mit einem Beil; links davon der Kopf des Tieres und der Lebensbaum, darüber zwei Vögel; weiter links ein Kelch und möglicherweise eine Astgabel; darüber Bluttropfen, welche das Leben darstellen könnten, das vom Opfertier auf die Natur übergehen soll. Als drittes Tontäfelchen sehen Sie eine Scheibe, die um der besseren Lesbarkeit willen gross gezeigt werden soll:

 

 

     Kirike 5

 

Die Scheibe bildet einen Kreis. Das grosse Kreuz gliedert den Kreis in vier Quadranten. Ein gewisser Nicci meinte in einer Diskussionsgruppe im Internet, dass die Scheibe einen Kalender darstellen könnte: der rechte untere Quadrant sei möglicherweise die Wintersonnwende, mit einem Priester oder einer Priesterin und einem Altar … Die Scheibe könnte sehr wohl ein Kalender sein, und der rechte untere Quadrant mag wirklich den Winter darstellen. Schauen Sie genau hin: die Priesterin verwandelt sich in einen Vogel! Der linke untere Quadrant wäre der Frühling. Achten Sie auf die beiden Vögel. Es wären Wasservögel, die im Frühling aus Afrika heimkehren. Die abstrakte Figur daneben ist gleichsam ein Ausschnitt aus dem Kalender, Frühling und Sommer darstellend, aber auch ein Pfeilbogen. Links oben sähe man den Sommer. Das Gebilde links mag eine Leiter darstellen und die Sonne symbolisieren, die an die höchste Himmelshöhe hinaufklettert. Neben der „Leiter“ ist wieder ein abstraktes Gebilde zu sehen, das möglicherweise Herbst und Winter vorwegnimmt, also die Jahreszeiten, welche auf den Sommer folgen. Der rechte obere Quadrant wäre der Herbst. Nicci sah in den runden Gebilden Tiere, darüber einen Zaun. Das wären dann wohl Tiere, die als Nahrungsvorrat für den Winter dienten, wahrscheinlich Schafe, die zu den ersten domestizierten Nutztieren gehörten. Beachten Sie bitte, dass die Öffnung des Anhängers wie eine Sonne anmutet. Ferner sind die beiden oberen Quadranten grösser, passend zu den üppigen Jahreszeiten Sommer und Herbst, in denen es nicht an Nahrung fehlt.

 

 

     Kirike 4

 

Auf dieser Abbildung sehen Sie eine Schleiereule mit den charakteristischen Punkten auf der Brust, welche mit einiger Phantasie als Linien gedeutet werden können. Zum Vergleich mehrere Figuren aus der Opfergrube von Tartaria, sowie der Schleiereulen-Deckel eines Gefässes von Parta.

 

 

     Kirike 7

 

Aus Banjica in der Nähe von Belgrad stammt eine 15 Zentimeter lange Tontafel in Form eines Brotes.

 

 

     Kirike 8

 

Auf diesem Objekt erscheinen weitere Zeichen, die als Wörter gelesen werden können: Dreimal ke-ri-on beziehungsweise kaerion = Honigwabe. Einmal ke-pi-on bzw. kepion im Plural = kleine Gärten. Einmal ke-p-os bzw. kepos im Plural = Gärten. Einmal das Wortspiel nae-os nae-ri-os bzw. naeos naeritos = ein weites Heiligtum. Die Spirale auf dem Brotleib würde das weitläufige Heiligtum der Göttin darstellen, zu dem wilde Bienenstöcke sowie kleine und grosse Gärten gehörten, und in dessen Schrein ein Backofen stand, wo eben solche Brote gebacken worden waren. Wir dürfen annehmen: süsse Brote, Wecken oder Kuchen, deren Teig Honig beigemischt war.

 

 

     Kirike 10

 

Hier sehen Sie den Schrein von Sabatinovka im südlichen Bug-Tal, Moldavien. Er ist mit einer geflochtenen und lehmbestrichenen Mauer eingefasst und hat eine Fläche von 70 Quadratmetern. Dem Schrein gehört ein Backofen an.

 

 

     Kirike 11

 

Derk Ohlenroth lehrte bis vor einem Jahr an der Universität Tübingen. Er hatte sich lange mit der Scheibe von Phaistos befasst. Anfang der 80er-Jahre gelang ihm die Entschlüsselung der Texte auf beiden Seiten. Hier sehen Sie die Seite, welche nach Derk Ohlenroth auf den Hain der Elaia verweist. Es geht auch hier um die Vegetationsgöttin, welche in vielerlei Formen auftreten kann. Schauen Sie bitte genau hin: das Zeichen in der Mitte ist ein Backofen, wie er in den alteuropäischen Schreinen und Tempelmodellen anzutreffen ist. Ausserdem findet man auf der Scheibe von Phaistos mehrere tragbare Bienenstöcke. Im weiteren führt eine Spirale ins Zentrum. Wir haben also drei Parallelen zwischen dem Brotlaib-Heiligtum von Banjica und der Scheibe von Phaistos: ein Brot und einen Backofen, wilde und tragbare Bienenstöcke, eine rechteckige und eine runde Spirale, Gärten und einen Hain. Diese Parallelen sprechen für eine lange Tradition solcher Heiligtümer.

 

 

     Kirike 10

 

Wieder zurück zum Schrein von Sabatinovka. Hinten sehen Sie den Thron der Göttin. Das Heiligtum war von 32 Figuren der Vogelgöttin bevölkert. Die meisten von ihnen zeigen ein betontes weibliches Y. Diesem würde der phonetische Wert nae zukommen, während dem Bogen zwischen Schoss und Brust der phonetische Wert os beschieden wäre. Die beiden Silben ergäben zusammen naeos = Tempel, Schrein, inneres Heiligtum. Der ursprüngliche Tempel wäre demnach der Schoss der Göttin gewesen, deren Fruchtbarkeit auf die umliegenden Felder übergehen soll, auf die Gewässer mit ihren Fischen, und auf den Himmel mit seinen Vögeln.

 

 

     Kirike 12

 

Hier sehen Sie eine der Figuren von Sabatinovka, zusammen mit einer Ente von Vinca bei Belgrad. Auf der Brust der Ente sind fünf verschiedenartige Zeichen auszumachen: ein Kreuz für die Silbe Ki, eine Linie für die Silbe Ri, ein Winkel für die Silbe Ke, zwei Ypsilon-Zeichen für die Silbe nae, zwei Bögen für die Silbe os. Damit lassen sich folgende Wörter bilden: Ki-Ri-Ke als Name der Vogelgöttin, sowie naeos naerios beziehungsweise naeos naeritos = weites, unermessliches, unauslotbares Heiligtum. Damit wäre der Schoss der Vogelfrau gemeint; ihre Fruchtbarkeit, welche sich über die Oberfläche der Erde, in die Gewässer und den Himmel ausdehnt und als kosmische Fruchtbarkeit wirklich unermesslich ist. Wir modernen Menschen empfinden vielleicht einen ähnlichen Schauer wenn wir die Hubble-Bilder vom Orion-Nebel betrachten, der als Geburtsort von Sternen bezeichnet wird --- die moderne Astronomie bedient sich noch immer der Metapher einer frühen Religion.

 

Mit den vorhin genannten Zeichen oder Silben kann man ein weiteres Wort bilden: ki-nae. Dieses mag auf das nostratische KUNA zurückgehen und das altgriechische gynae vorwegnehmen. Beide Wörter heissen Frau.

 

 

     Kirike 13

 

In der Mitte dieser Abbildung sehen Sie eine weitere Frauenfigur von Sabatinovka. Das Ypsilon des Schosses und der Bogen zwischen Schoss und Brust ergeben naeos = Heiligtum. Dieselben Zeichen sind nocheinmal als Wort auf den Schoss geschrieben und machen klar, was mit dem Heiligtum gemeint war: der fruchtbare Schoss der Göttin.

 

 

     Kirike 14

 

Hier eine Darstellung der Göttin, deren üppiger Körper die Erde symbolisiert, während ihr Vogelkopf auf die Himmelshöhen verweist. Als Entengöttin symbolisiert sie zudem das Wasser, ein altes Symbol des Lebens.

 

 

     Kirike 15

 

Zurück zum Brotleib von Banjica. Das Wortspiel naeos naerios beziehungsweise naeos naeritos würde auch hier auf den Schoss der Göttin verweisen.

 

 

     Kirike 16

 

Hier sehen Sie ein Tempelmodell aus Gradesnica bei Vratsa im westlichen Bulgarien, am südlichen Rand der weiten Donau-Ebene. Der Schrein steht erhoben auf vier Pfosten, die in Schleiereulen übergehen. Die Zeichen auf der gerahmten Seitenfläche und auf den Vorderflächen der Pfosten, welche den Eingang fassen, könnten heissen: pi-sti-ke-os a-sti-baes ri-za bzw. pistikos astibaes rhiza = wahrlich heiliger / unnahbarer Ursprung des Lebens. Es ginge wieder um den Schrein der Göttin als dem Symbol ihres fruchtbaren Schosses, und dieser heilige Bezirk wäre der Priesterin der Grossen Göttin vorbehalten.

 

 

     Kirike 17

 

Ein charmantes Weihe-Gefäss aus Szegvar-Tüskövez bei Szentes in Ungarn könnte verschiedene Vogelrufe darstellen, welche die Göttin herbeirufen sollen. --- Vielleicht gelingt es einem Ornithologen, die Vögel anhand der Laute zu identifizieren?

 

 

     Kirike 9

 

Hier sehen Sie einen Kopf der Vogelgöttin, der an einen Habicht, Falken oder Sperber gemahnt, und einen tönernen Phallus. Beide Objekte tragen Inschriften, welche Vogelnamen und –Rufe darstellen könnten.

 

Der hypothetische Name der Vogelgöttin, Ki-Ri-Ke, würde in Homers Kirke fortleben. Desgleichen in altgriechisch kirkos = Habicht, Falke. Möglicherweise auch in altgriechisch kyria = Herrin, Gebieterin, Herrscherin; und kyrios = Herr, Gebieter, Besitzer, Herrscher; gross geschrieben: der Herr, Gott, Christus; als Adjektiv: herrschend, gebietend; berechtigt, befugt, bevollmächtigt, zuständig; teilhaftig; gültig, rechtskräftig, bindend; entscheidend; festgesetzt, feststehend. Der weite Fächer an Bedeutungen verweist auf ein altes Wort.

 

 

     Kirike 18

 

Die flache Schale aus Gradesnica im westlichen Bulgarien stellt eine Singdrossel dar; zugleich die Vogelgöttin mit erhoben Armen. Die Singdrossel Turdus philomelos baut ihr Nest in Form eines Napfes, gut geschützt in Hecken oder Bäumen, und streicht es mit Erde oder Schlamm aus. Die flache Schale mit einem Durchmesser von 12,5 Zentimetern könnte wohl das Nest dieses Vogels darstellen.

 

 

     Kirike 19

 

Ist es vielleicht möglich, die Inschriften auf der flachen Schale zu lesen?

 

 

     Kirike 20

 

Der Spruch um die Singdrossel könnte ihren Gesang darstellen, oder vielleicht eine Kombination ihrer Gesänge mit jenen ähnlicher Vögel. Besonders interessant sind die 60-Grad-Winkel mit angefügten Zeichen. Diese könnten Pfiffe darstellen! Die Winkel wären der offene Schnabel, die angehängten Zeichen die zu pfeifenden Melodien …

 

 

     Kirike 21

 

Hier sehen Sie das Prinzip der Notation: der offene Schnabel, angehängt ein kurzer Pfiff in absteigender Melodie und ein längerer Pfiff in aufsteigender Melodie.

 

 

     Kirike 22

 

Hier die Innenseite der flachen Schale.

 

 

     Kirike 23

 

Die beiden oberen Zeilen bestehen aus grossen Zeichen und könnten so lauten: pe-ri ri-sti ke-dos pe-ri ri-pe-os. Das wäre ein frühes Griechisch und würde besagen: ringsum beschützt sorgfältig ringsum mit geflochtenem Schilf. Gemeint wäre sowohl das gut geschützte Nest der Singdrossel, allenfalls auch der Rohrdrossel, die ihr Nest im Schilf baut; sowie der Schrein der Göttin, der von einer geflochtenen und lehmbestrichenen Mauer umgeben war.

 

 

     Kirike 24

 

Eine Weiheschale von Daia Romana, Bezirk Alba, Rumänien, könnte ebenfalls ein Vogelnest darstellen und mit seinen Inschriften die Göttin herbeirufen.

 

Der zweite Gegenstand ist ein Spinnwirtel. Er stammt von Dikilitasch bei Philipi im nördöstlichen Griechenland. Die Inschriften auf diesem und anderen Wirteln sind so kompliziert, dass sie kaum Worte wiedergeben. Aber vielleicht Vogelgesänge? Melodien, die von den Priesterinnen der Vogelgöttin beim Weben gesungen worden waren? Denken Sie an die betörend schönen Gesänge der bulgarischen Frauenchöre. Es wäre schön, wenn einer dieser Chöre ein Experiment wagen und zu den Zeichen auf diesen altehrwürdigen Objekten improvisieren würde …

 

 

     Kirike 25

 

Die Zickzack-Linien auf einem Siegel von Cavdar in West-Bulgarien könnten als a-ke-a gelesen werden. Akea würde Wasser bedeuten und hätte zum Beispiel im italienischen aqua überlebt. Man denke auch an die auf –ac endenden französischen Ortsnamen, die auf Gewässer verweisen sollen.

 

 

     Kirike 26

 

Kreuz und Winkel ergeben ki ke. Lesen wir die Bögen der vier Quadranten als als os, dann bekommen wir ki-ke-os. Dieses Wort mochte im altgriechischen kyklos überlebt haben und heisst Kreis, Zyklus, aber zum Beispiel auch Stadtmauer. Ob der Name der Göttin, Kirike, auch im lateinischen circum und englischen circle überlebte? In diesem Fall hätten das lateinische circumferre und englische circumference ursprünglich eine religiöse Bedeutung haben können: das Bildnis einer Gottheit um ihren Schrein, Tempel, Hain, das Dorf oder die Stadtmauer tragen …

 

 

     Kirike 27

 

Das obige Bild stellt den Versuch dar, einen Winkelquadranten in ein Netz von 10 mal 10 Quadraten umzusetzen. Das ergibt, nebenbei, einen guten Wert für Pi. Über das Auszählen der Fläche erhält man den Näherungswert 78 / 25 = 3,12. Wenn man die Einheit in 5 kleine Einheiten gliedert, so betragen die Seitenlängen des Polygons, das man aus vier Quadranten bilden kann, genau 20, praktisch 22 und praktisch 14 kleine Einheiten. Für den Umfang erhält man praktisch 312 kleine Einheiten, der Durchmesser beträgt 100 kleine Einheiten, als Quotient bekommt man wieder 3,12. In jener Zeit wäre das ein sehr guter Wert für Pi gewesen.

 

 

     Kirike 28

 

Hier sieht man die Kalenderscheibe von Predionica in geometrisierter Form. Winter, Frühling, Sommer und Herbst wären auf einfache Weise symbolisiert: mit einem geschlossenen Haus, der Heimkehr der Zugvögel, einem offenen Haus, und dem Auszug der Vögel.

 

 

     Kirike 29

 

Der geometrische Kalender wäre ein Polygon mit 4 kurzen und 12 längeren Seiten. Wenn man die kurzen Seiten mit 16 Tage bemisst, wenn man den längeren Seiten je 25 Tage zuweist, und wenn man einen oder zwei Schalttage einfügt, bekäme man diesen einfachen Jahreskalender:

 

     drei lange Monate, 3 mal 25 = 75 Tage

     kurzer Monat des Frühlings-Äquinoktiums,16 Tage

     drei lange Monate, 3 mal 25 = 75 Tage

     kurzer Monat der Sommersonnwende, 16 Tage

     drei lange Monate, 3 mal 25 = 75 Tage

     kurzer Monat des Herbst-Äquinoktiums, 16 Tage

     drei lange Monate, 3 mal 25 = 75 Tage

     kurzer Monat der Wintersonnwende, 17 oder 18 Tage

     insgesamt 365 oder 366 Tage

 

 

     Kirike 30

 

Die Singdrossel auf der flachen Schale von Gradesnica ist zugleich die Vogelgöttin mit erhobenen Armen. Sie könnte eine Kalenderfigur darstellen. Ihr Kopf, ihre Flügel oder Arme, und ihr Körper würden je eine Periode von 75 Tagen bezeichnen.

 

 

     Kirike 31

 

Ein böhmisches Töpfermuster in der Form eines erweiterten Kreuzes mag die Kalenderfigur wiedergeben.

 

 

     Kirike 32

 

Der einfache Sonnenkalender verträgt sich sehr gut mit dem Mondkalender. Eine Lunation, zum Beispiel die Periode von einem zum nächsten Vollmond, oder von einem zum nächsten Neumond, dauert 29 Tage, 12 Stunden, 44 Minuten und 2,9 Sekunden. Sieben Lunationen dauern 206.714… oder praktisch 207 Tage und entsprechen 7 langen und 2 kurzen Monaten. In der Abbildung sind die 7 Lunationen als Bögen dargestellt, welche jeweils mit einem langen Monat beginnen und am Schluss eines langen Monates enden.

 

 

     Kirike 33

 

Die Bögen der sieben Lunationen evozieren das eigenartige keltische Rolltier.

 

 

     Kirike 34

 

Hier das Rolltier im Zentrum des hypothetischen Kalenders und der Bögen der 7 Lunationen.

 

 

     Kirike 35

 

Die Vinca-Zeichen Rhombus, Rhombus mit einbeschriebenem Punkt, Dreieck, oder auch Linie mit Bogen darüber erscheinen oft als Augen der Vogelgöttin. Auch der Oberkörper der Singdrossel auf der Schale von Gradesnica bildet einen Rhombus mit einbeschriebenem Punkt. Diese Zeichnen könnten den phonetischen Wert hor- beziehungsweise or- gehabt haben. Altgriechisch horao mit Omikron heisst sehend sein, schauen, blicken; sich vorsehen, achtgeben, besorgt sein; sehen, ansehen, betrachten, erblicken, wahrnehmen, bemerken;  einsehen, erkennen, merken, begreifen, beachten, wissen; gesehen werden, sichtbar werden, sich zeigen, erscheinen. Altgriechisch Ora mit Omega heisst Sorge, Fürsorge. Altgriechisch Hora mit Omega heisst Zeitabschnitt; Jahreszeit; Frühling; Ernte; Klima; Jahr; Tageszeit, Tag, Stunde; Augenblick; Lebensalter; Jugend.

 

 

     Kirike 36

 

In den Verzierungen eines weiteren Ton-Objektes in Form eines Brotlaibes erkennt man Rhomben-Augen, die über ein Kreuz verbunden sind. Im Kreuz sind Linien und Winkel enthalten, die alle zusammen den Namen der Göttin Kirike ergäben. Über und unter dem Kreuz erscheinen Spiralen. Die Spirale könnte den phonetischen Wert zo oder zaeo haben und leben bedeuten. Die Kombination der Zeichen Rhombus-Kreuz-Spirale ergäbe hor-ki-zo = ich schwöre. Dabei mag es sich um eine religiöse Formel handeln, die vielleicht so übersetzt werden kann:

 

     Ich sehe und erkenne die Göttin, ich schwöre auf sie, ich lebe durch sie

 

 

     Kirike 37

 

Die Schwurformel hor-ki-zo erscheint ebenfalls im Gewand der schwangeren Göttin von Medvedniak. Der obere Teil ihres Kleides bildet ein Kreuz. Eine zusätzliche Linie und ein Winkel führen auf den Namen Ki-Ri-Ke. Auf dem Bauch der Göttin sehen wir zwei Sprialen, die Leben bedeuten, und hier, als doppelte Spirale, das zweifache Leben von Mutter und Kind symbolisieren. Zwischen den Spiralen und dem Kreuz bleibt ein Dreieck ausgespart, welchem der phonetischer Wert hor- oder or- zukäme. Auf einer älteren Figur von Gladnice bei Pristina sieht man einen Rhombus mit Punkt. Er hätte dieselbe Bedeutung hor-, or-, und mag eine weitere Formel bilden, welche diesmal von der Göttin ausgesprochen würde:

 

     Ich sorge für mein Kind; ich sorge für Dich; ich sorge für Dein Kind

 

Aus der Cucuteni-Kultur stammen sehr schöne Vasen-Verzierungen, die ineinander übergehende Spiralenpaare zeigen und Symbole der aufeinander folgenden Jahre wie auch Generationen sein dürften.

 

 

     Menhr 023

 

Wechseln wir vom Balkan ins Bündnerland, von der unteren Donau an den Oberlauf des Rhein, und von der späten Steinzeit zur späten Bronzezeit.

 

Der Rhein entspringt im schweizerischen Kanton Graubünden, genauer in der Surselva, das heisst wörtlich über dem Wald. Am Ausgang der Surselva, zwischen Ilanz und Chur, bei Flims und Laax, findet sich das Dorf Falera. Hier steht die grösste Menhir-Anlage der Schweiz. Ein Geologe namens Ulrich Büchi und seine Frau Greti Büchi haben sich den Schalensteinen und Menhiren im Kanton Graubünden verschrieben und fanden in der Anlage von Falera astronomische Ausrichtungen auf diese Daten: die 21. Tage eines jeden Monates nach unserem Kalender, einschliesslich der Sonnwenden und Äquinoktien, sowie den 11. November und 2. Februar. Der Panorama-Menhir von Surcasti markiert dieselben Daten, überdies den Sonnenaufgang vom 1. Mai. Besondere Bedeutung hat der 21. Mai. Die Hauptreihe von Falera markiert den Sonnenaufgang an diesem Tag wie auch am 21. Juli, eine Nebenreihe das Wiedererscheinen des Sternes Caph im Sternbild Cassiopeia am 21. Mai.

 

Die Büchis glauben, dass die spät-bronzezeitlichen Bewohner von Falera und der Surselva einen Kalender aus 12 gleich langen Monaten kannten, überdies den Bauernwinter vom 11. November bis 2. Februar beachteten.

 

Es ist allerdings recht schwierig, einen Tag wie z.B. die Sommersonnwende anhand von Steinen und Geländemarken auf den Tag genau festzulegen. Es ist besser, praktischer und einfacher, wenn man ein numerisches Modell von einem Jahr verwendet und es mit dem Lauf der Sonne synchronisiert. Für Falera und die Surselva käme ein numerischer Kalender in Frage, den man vom vorhin gezeigten Kalender der Vogelgöttin Alteuropas herleiten kann. Das neue Jahr würde aus 52 Wochen bestehen. Eine reguläre Woche wäre 7 Tage lang. Die letzte Woche im Jahr wäre 1 bis 2 Tage länger. Die Wochen der Sonnwenden und Tag-und-Nachtgleichen formen ein diagonales Kreuz, die Wochen der 21. Tage der übrigen Monate ein Malteser-Kreuz. In diesen Kalender passen 9 Lunationen hinein. 9 Lunationen wären 265,775… oder praktisch 266 Tage. 266 Tage wiederum sind 38 Wochen à 7 Tagen.

 

Wie würde man einen solchen Kalender handhaben? Man lege das neue Jahr provisorisch fest. Danach beobachte man die Sonne, bestimme die Solstitien und Äquinoktien so genau als möglich, zähle die Tage dazwischen, errechne einen Mittelwert, und lege das neue Jahr genauer fest als beim erstenmal. So mache man es einige Jahre. Schliesslich wird Neujahr auf den 25. Dezember und manchmal auf den 26. Dezember unseres Kalenders fallen.

 

Jetzt eine Überraschung. Im Jahr 1089 vor Christus fand in Graubünden eine beinahe totale Sonnenfinsternis statt, und zwar an einem Morgen um 10 Uhr 17. Dieses Ereignis ist auf einem Stein in Falera und einem Fels in der Surselva vermerkt. An welchem Tag war die Sonnenfinsternis? An einem 25. Dezember, also am Beginn eines neuen Jahres nach dem obigen Kalender. Die Sonne verfinstert sich, wenn der Mond genau zwischen ihr und uns steht. In solchen Momenten erhält er alles Licht auf der von uns abgewandten Seite. Wir haben also Neumond. Das heisst: an jenem Tag waren Mond und Sonne weg, und das am Beginn eines neuen Jahres! Dies hätte Anlass genug sein können, das Ereignis auf zwei Steinen zu vermerken.

 

 

     Menhr 024

 

Auf dieser Zeichnung sehen Sie eine Konversion des hypothetischen Kalenders von Falera in ein Ideogramm aus 14 mal 14 Punkten.

 

 

     Menhr 025

 

Die keltischen Parisii schufen besonders elegante Münzen. Auf vielen von ihnen sieht man das Sonnenpferd, und über ihm Ideogramme aus 3 mal 3 Punkten, oder aus 5x5, 6x6, 4x5 und 5x6 Punkten.

 

 

     Menhr 026 / Menhr 027 / Menhr 028 / Menhr 029 / Menhr 030

 

Diese Ideogramme könnten auf den Kalender aus 52 Wochen verweisen:

 

 

     Menhr 031

 

9 Lunationen sind praktisch 38 Wochen. In den hypothetischen Kalender von Falera lassen sich 14 Bögen von 38 Wochen oder eben 9 Lunationen eintragen. Die vierzehn Bögen erinnern wieder an das keltische Rolltier. Die 9 Buckel auf dem Rücken des hier gezeigten Rolltiers würden sogar auf die 9 Lunationen hinweisen.

 

     Menhr 032

 

Hier dieselbe Zeichnung mit einem anderen Rolltier, welches zehn längliche Buckel aufweist. Beginnt man mit einem Vollmond, so hat man nach Ablauf der 9 Lunationen wieder einen Vollmond, im Ganzen 10 Vollmonde.

 

An diesem Rolltier sieht man schön, dass das Auge den Frühlings-Beginn darstellt, während die Lücke zwischen dem geringelten Schwanzende und der Schnauze den Wechsel vom alten zum neuen Jahr symbolisiert.

 

 

     Menhr 033

 

Hier eine grosse Darstellung des Rolltiers mit 10 Buckeln als den 10 Vollmonden, welche 9 Lunationen einfassen.

 

 

     Menhr 034

 

Die Darstellung der 52 idealen Wochen enthält ein Kreuz aus einer senkrechten und eine waagrechten Linie. Wenn man dieses Kreuz um eine Woche im Gegen-Uhrzeigersinn dreht, so erhält man das pastorale Jahr der Kelten:

 

Samhain war ein Feuerfest am Abend des 31. Oktober und am 1. November, der Beginn des pastoralen Jahres, die Zeit, in welcher die Weidetiere vom Feld geholt wurden.

 

Imbolc war die zweite keltische Saison. Sie erstreckte sich über die Monate Februar, März und April. Die wichtigste Feier fand am 1. Februar statt. Es waren Fruchtbarkeits-Rituale im Namen der Göttin Brigid. Imbolc war die Zeit der Lämmer.

 

Beltane war ein Feuerfest zu Beginn des pastoralen Sommers am 1. Mai. In dieser Zeit wurde das Vieh auf die Weiden geführt.

 

Lugnasad war das Fest am Beginn der vierten Saison. Es fand am 1. August statt. In den folgenden Wochen und Monaten wurde die Ernte eingebracht. In jener Zeit war ein Grossteil der Ernte für das Füttern der Tiere im Winter bestimmt. So gehört auch Lugnasad zum Zyklus des pastoralen Jahres.

 

Die Feste fallen auf die ersten Tage unserer Monate November, Februar, Mai, August. Wir dürfen annehmen, dass es sich bei diesen Kalendertagen um vereinfachende Anpassungen an den modernen Kalender handelt, weshalb wir einen Spielraum von ein paar Tagen haben. Bei diesem Spielraum passen die vier Feste sehr schön in den Kalender von 52 Wochen.

 

 

     Menhir 035

 

Wir haben drei Elemente eines Kalenders kennengelernt: Sonne, Mond und pastorales Jahr.

 

Der Sonnenlauf bestimmt das Jahr mit seinen Solstitien und Äquinoktien. Die Sonne wurde als Pferd verehrt. Es gab auch eine keltische Pferdegöttin namens Epona. Ihr Festival war am 18. Dezember. Im Kalender von Falera wäre dies der zweite Tag der langen Woche der Wintersonnwende, also ein der Sonne geweihter Tag. Im gallo-römischen Kalender von Coligny hiess der Monat, welcher auf unseren Juni und Juli fiel, Equos = Pferd. In dieser Zeit erklimmt die Sonne oder eben das Sonnenpferd die steilste Himmelsbahn.

 

Der Mond ist zugegen mit seinen Bögen aus 9 Lunationen. Der Mond wurde im Stierbullen verehrt. Wenn man will, so kann man in den Bögen der 9 Lunationen Hörner sehen. Ferner kann man dank der Lunationen mehrjährige Kalender konzipieren. Elf Perioden von je 9 Lunationen ergeben acht Jahre. Genauer 8 Jahre plus einen Tag vierzehn Stunden. 136 Lunationen ergeben 11 Jahre weniger einen Tag zwölf Stunden. 235 Lunationen ergeben 19 Jahre plus 2 Stunden. Dieser Fehler ist sehr klein, weshalb der 19-Jahre-Kalender im Altertum besonders beliebt war.

 

Neben dem Sonnenpferd und dem Mondbullen kämen die Weidetiere als drittes Element hinzu, nämlich im pastoralen Jahr. All drei dem Tier geweihten Elemente könnten in einem eigentümlichen keltischen Symbol vereint sein, nämlich im Triskeles oder Dreiwirbel. Sie erblicken das Symbol links oben.

 

Das Zeichen sieht aus, als ob es läuft. So wie auch die Jahre laufen …

 

 

Vielen Dank im Namen des Autors Franz Gnaedinger

 

 

 

 

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